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Vorübergehend nach einer Knieoperation oder bei Altersschwäche: Wer einen Rollstuhl braucht, hat viele Fragen und muss in kürzester Zeit viele Entscheidungen treffen. Der Senioren Ratgeber erklärt Schritt für Schritt, wie man das passende Modell findet, welche Extras den Sitzkomfort verbessern, weshalb Umbauten in der Wohnung oft nötig sind und warum sich elektrische Nachrüstungen wie eine Schiebehilfe speziell für Ältere lohnen.

Das passende Modell

Der Rollstuhl ist ein Hilfsmittel, die Krankenkasse übernimmt die Kosten. Dafür ist ein begründetes Rezept vom Arzt nötig. Anspruch darauf haben grundsätzlich Menschen, die mithilfe des Rollstuhls ihre Mobilität erhalten oder verbessern können.

Neben einer dauerhaften Nutzung, etwa bei Pflegebedürftigkeit, gilt dies auch für Ältere, die nur vorübergehend eingeschränkt sind, etwa nach einem Beinbruch. Auch Rollatorennutzer, denen draußen längere Strecken schwerfallen, können ihn beantragen.

Am häufigsten verschrieben werden faltbare Standardrollstühle. Ein Leichtgewicht­modell wiegt mit ca. 14 kg ­etwas weniger, was u. a. beim Transportieren praktisch ist.

Mit dem Rezept wendet man sich an ein Sanitätshaus, das mit der Krankenkasse kooperiert. Viele Ärzte und Kliniken haben Adresslisten. Der Hilfsmittelexperte im Sanitätshaus stellt viele Fragen zu Einschränkungen, zum Wohnumfeld und zum Alltag. Er misst aus und berät ausführlich. Gut, wenn eine vertraute Person mit dazukommt.

Das Sanitätshaus versendet den Kostenvoranschlag und liefert den Rollstuhl im Fall einer Genehmigung zu Hause beim Kunden aus. Manchmal bringt ihn auch der Hersteller – in der Regel innerhalb weniger Tage.

Rollstühle sind meist Leihgaben der Krankenkasse. Anspruch auf ein neues Modell hat man nicht. Es fällt dabei eine Zuzahlung von 5 bis 10 Euro an. Wer einen eigenen Rollstuhl haben möchte, muss circa 350 Euro investieren.

Bei schwerer Behinderung kann ein Pflegerollstuhl, bei starkem Übergewicht ein elektrisch unterstützendes Modell sinnvoll sein. Vorab mit dem Arzt oder Hilfsmittel­experten sprechen.

Gut sitzen

Moderne Rollstühle bieten eine einstellbare Sitzhöhe. Die Sitzhöhe ist richtig, wenn die Oberschenkel bequem auf der Sitzfläche aufliegen, während die Füße auf den Fußrasten stehen. Schlaganfallbetroffene können sich oft besser fortbewegen, wenn sie relativ tief sitzen und mit den Füßen am Boden mitlaufen.

Je nach Modell gehören Armlehnen, die in der Höhe verstellbar sind, ein Sicherheitsgurt, abnehmbare Beinstützen und Fußplatten mit Fersenband zur Serienausstattung.

Schiebegriffe für Angehörige oder Pflegekräfte sollten in der Höhe einstellbar sein. Sie unterscheiden sich in ihrer Länge und Form. Ausprobieren.

Wer den Rollstuhl häufig transportiert, sollte neben einem möglichst geringen Gewicht auf Steckachsen achten. Sie ermöglichen es, rasch und mit einfachen Griffen die Hinterräder abzunehmen. Sinnvoll sind Anti-Kipprollen sowie Hydraulik- oder Trommelbremsen. Sie sorgen für mehr Sicherheit.

Hilfsmittel wie Sitzkissen verhindern Druckstellen, eine ergonomisch geformte Rückenlehne erleichtert eine gute Körperhaltung.

Fragen Sie nach, ob für Zubehör oder Hilfsmittel ein Extra-Rezept vom Arzt nötig ist. Auch Dinge wie ein Schlupfsack, Regenschirm oder eine Gehstockhalterung können den Alltag erleichtern.

Sicher unterwegs

Hinsetzen, aufstehen, vor- und rückwärtsfahren, wenden. Gute Hilfsmittelberater nehmen sich Zeit und zeigen, worauf zu achten ist.

In Rollstuhl-Kursen, die Wohlfahrtsverbände und einige Kliniken organisieren, üben Teilnehmer Situationen im Straßenverkehr: das Überwinden von Bordsteinkanten, Befahren von Rampen, Einsteigen in den Bus.

Kein Angebot in der Nähe? Wenden Sie sich an den Seniorenbeauftragten oder einen Sozialverband wie den VdK.

Behindertenparkplätze nutzen dürfen schwerbehinderte Menschen mit speziellem Parkausweis, den das Ordnungsamt ausstellt. Faltbar, abnehmbar oder fest verbaut: Für das Transportieren des Rollstuhls im Auto gibt es extra Laderampen.

Welche U-Bahn-Station ist barrierefrei, wo gibt es Behindertentoiletten? In immer mehr Städten organisieren Rollstuhlfahrer Touren. Behindertengerechte Stadtpläne gibt es bei Tourist-Infos und Verkehrsbetrieben.

Barrierefrei wohnen

Eingang, Türen, Bad: Dort sind am häufigsten Umbauten nötig. Mitarbeiter von anerkannten Wohnberatungsstellen kommen in der Regel kostenlos nach Hause, informieren. Mieter sollten frühzeitig mit ihrem Vermieter reden.

Rampen oder Hublifte hi­nauf zur Eingangstür erleichtern das Hineinkommen. Treppenlifte, -raupen oder -steighilfen überwinden Stufen, im Einfamilienhaus ist es mitunter besser, Zimmer wie Schlafräume ins Erdgeschoss zu verlegen.

Können Türschwellen weg? Lässt sich die Badtür auch nach außen öffnen? Das weiß der Schreiner vor Ort.

Ein unterfahrbares Waschbecken, eine bodengleiche Dusche erleichtern die tägliche Hygiene. Auch Hilfsmittel wie Haltegriffe, spezielle Toilettensitze mit Armlehnen oder Duschhocker sind nützlich.

Menschen mit Pflegegrad erhalten pro Umbaumaßnahme bis zu 4000 Euro von der Pflegekasse. Krankenkassen bezahlen Hilfsmittel, bezuschussen Rampen oder Hublifte. Ob günstiges Darlehen oder Zuschuss: Jedes Bundesland hat auch eigene Förderprogramme. Gute Wohnberater vor Ort helfen.

Leichter schieben

Viele Rollstühle kann man elektrisch nachrüsten: Eine akkubetriebene Schiebe- und Bremshilfe entlastet die schiebende Person auf Knopfdruck – in der Ebene, bei Anstiegen. Bergab bremst der Motor mit.

Ein Joystick macht aus einem manuellen Rollstuhl einen elektrischen: Solche Antriebe eignen sich für Selbstfahrer.

Fachliche Beratung:
Laura Küffner, Rollstuhl-Expertin Nürnberg
Josef Hirsch, Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung Hahnbach
Eberhard Grünzinger, Sozialverband VdK Bayern