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Pflegende Angehörige haben nie Feierabend. Wer einen lieben Menschen pflegt, muss ihn oft nachts lagern oder zur Toilette begleiten. Vielen Angehörige fällt auch das Einschlafen wegen der eigenen Sorgen schwer. Was tun? Schlaf-Coach Christine Lenz erklärt, was gegen Schlafprobleme hilft.

Das können Sie tun, damit Ihr Angehöriger besser schläft

1. Ruhe für demenzkranke Menschen

Im Alter und auch bei Demenz braucht der Mensch weniger Schlaf als früher – oft nur sechs Stunden. Dazu kommt, dass die innere Uhr durch die Erkrankung aus dem Takt gerät. Beim "Sundowning" sind demenzkranke Menschen am späten Nachmittag oder abends getrieben und orientierungslos. Auch in der Nacht werden viele unruhig. Das kann helfen:

  • Schaffen Sie eine angenehme Atmosphäre. Kein Streit, kein Krimi vor dem Schlafengehen – stattdessen tun abends ruhige Musik, eine Massage oder ein Bad gut. Spannende Aktivitäten für demenzkranke Menschen verlegt man besser auf den Vormittag.
  • Regelmäßig an die frische Luft gehen. Bewegung und Tageslicht helfen dabei, den Rhythmus einzuhalten. Wer sich viel bewegt, ist abends auch müder.
  • Ritualen folgen: Feste Abläufe helfen bei der Orientierung. Bringen Sie die Person immer um dieselbe Uhrzeit ins Bett und wecken ihn um dieselbe Zeit. Eine Siesta untertags ist in Ordnung, aber Ihr Angehöriger sollte nicht den ganzen Nachmittag verschlafen.
  • Auf die Toilette gehen. Und in den Stunden vor dem Schlafengehen nicht zu viel trinken. So muss Ihr Angehöriger nachts seltener aufs WC. Wenn Sie ein Steckdosenlicht verwenden, gerät nachts kein helles Licht in die Augen.
  • Sprechen Sie mit dem Hausarzt. Vielleicht haben die Schlafprobleme nichts mit der Demenz zu tun, sondern sind eine Nebenwirkung von Medikamenten. Auch eine Krankheit kann dahinterstecken: z.B. Depressionen, Arthritis oder Schilddrüsenüberfunktion.
  • Hände weg von Schlaftabletten! Auch wenn sie eine ruhige Nacht versprechen: Gerade im Alter können bestimmte Schlafmittel gefährlich sein. Sie machen groggy und abhängig und erhöhen die Sturzgefahr am nächsten Tag. "Schlaftabletten soll man nur in Absprache mit dem Arzt und als Übergangslösung benutzen", sagt Lenz. Manchmal helfen auch pflanzliche Arzneimittel. Lassen Sie sich in Ihrer Apotheke dazu beraten.
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Gerade ältere, pflegebedürftige Menschen sollten mit Schlaftabletten vorsichtig umgehen. Wer sie regelmäßig nimmt, kann abhängig werden. Außerdem stürzen Senioren unter dem Einfluss von Schlaftabletten oft leichter.

Jutta Rewitzer, Apothekerin in Furth im Wald

2. Eine gute Schlafumgebung

  • Ruhiges Zimmer. Wenn sie nicht zuordnen können, woher ein Geräusch kommt, kann das Menschen mit Demenz verunsichern.
  • Hohes Bett: In der Nacht geht viel Zeit dafür drauf, die pflegebedürftige Person aus dem Bett und wieder hinein zu bringen. Um den Rücken zu schonen, sollte das Bett hoch genug sein – am besten so, dass man mit den Fußsohlen angenehm den Boden berühren kann, wenn man auf der Bettkante sitzt.
  • Passende Matratze: Manche schlafen auf härteren Matratzen besser als auf weichen. "Firma oder Hersteller der Matratze sind egal", sagt Schlafcoach Christine Lenz. Matratzen sollten am Rand verstärkt sein: So sitzt Ihr Angehöriger auf dem Bettrand stabil. Die Matratzen sollte man alle paar Jahre wechseln.
  • Waschbarkeit. Legen Sie sich einen Rundum-Reißverschluss, waschbare Schonbezüge und ein waschbares Kopfkissen (kein Federkissen!) zu: So können Sie bei Inkontinenz schnell alles in die Waschmaschine stecken.
  • Nicht zu vollstellen: Im Schlafzimmer soll nichts stehen, was zur Stolperfalle werden kann. Also: kein Bügelbrett, keine Kartons. Achten Sie darauf, das Fensterbrett frei zu halten – wenn Sie es zum Lagerort für Pflegeartikel erklären, können Sie nicht gut lüften.
  • Die richtige Temperatur: Das Schlafzimmer sollte kühl sein, aber nicht eiskalt. 17-18 Grad sind ideal. Weil ältere Menschen nachts oft schwitzen, legen Sie eine Zudecke bereit, die Sie bei Bedarf waschen können. Wer nachts kalte Füße hat, für den eigenen sich warme Socken.
  • Licht strategisch einsetzen: Ist es im Zimmer finster, kann das demenzkranke Menschen verunsichern und zu Stürzen führen. Besser: Steckdosenlichter, die helfen bei der Orientierung.

Mein Mann hat Angst im Dunkeln. Manchmal steht er mitten in der Nacht auf und macht alle Lichter an. Ich habe sieben LED-Kerzen angebracht, die im Wechsel angehen und die ganze Nacht leuchten. Seitdem ist es besser geworden.

Petra Krell, pflegt ihren demenzkranken Ehemann

Das können Sie selbst tun, um besser zu schlafen

1. Probleme beim Einschlafen: Tipps gegen das Gedankenkarussell

  • Den Geist beschäftigen: Auf Knopfdruck abschalten, das geht oft nicht, wenn es im Kopf gerade um Pflegegrade, Reha-Maßnahmen und Hilfsmittel geht. "Wenn man sagt: Geh weg, du doofer Gedanke, dann kommt er garantiert wieder", sagt Schlafcoach Lenz. Lassen Sie das Handy liegen, sein Licht hält wach. Ein gutes Buch bringt Sie vielleicht auf andere Gedanken.
  • Rituale schaffen: Setzen Sie sich abends gemütlich hin, immer zur selben Uhrzeit und am selben Platz. "Dann erkennt Ihr Körper: Jetzt geht es in eine Ruheposition", so Lenz. Schreiben Sie zehn Minuten lang auf, wie Ihr Tag verlaufen ist – ohne Bewertung. Zum Beispiel: "Heute mit Pflegekasse telefoniert." Beenden Sie den Eintrag mit etwas, das gut gelaufen ist. Gehen Sie zur selben Uhrzeit ins Bett.
  • Mit allen Sinnen. Gönnen Sie sich vor dem Einschlafen ein Stück Schokolade oder einen Schluck Rotwein. Spüren Sie dem Geschmack nach: Wie fühlt sich das an? Gut ist auch warme Milch mit Honig. Das ruft bei vielen positive Erinnerungen hervor. Auch ein Kräuterkissen kann angenehm wirken: z.B. ein Umschlag aus Hopfen, Melisse oder Baldrian.
  • Tricksen Sie Ihr Gehirn aus! Sagen Sie sich: "Ich darf jetzt nicht einschlafen, unter keinen Umständen!" Das Ganze heißt "paradoxe Intervention" und funktioniert viel besser, als sich selbst zu befehlen, sofort einzuschlafen.

Viele pflegende Angehörige vergessen ihre eigene Gesundheit. Wenn Sie über längere Zeit nicht schlafen können, sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt. Vielleicht steckt eine Erkrankung dahinter, z.B. eine Schilddrüsenüberfunktion oder eine Depression. Auch eine Schlafapnoe kann schuld daran sein, dass Sie sich tagsüber erschöpft fühlen. Dabei kommt es im Schlaf immer wieder zu Atemaussetzern. Die Nacht ist nicht erholsam - wer betroffen ist, ist am Tag oft schlapp und unkonzentriert.

2. Wachsein mitten in der Nacht

  • So wenig Licht anmachen wie möglich. Der Mutter im Stockfinstern aufs WC zu helfen, ist keine gute Idee. Alle Lichter anzuschalten aber auch nicht. Oft eignet sich ein LED-Nachtlicht, das sich bei Bewegung einschaltet. Wählen Sie eines mit wenig Blaulichtanteil – das weckt am wenigsten auf. Wenn Sie es im Fußbereich anbringen, fällt das Licht nicht direkt in die Augen.
  • Wärme hilft beim Einschlafen. Sorgen Sie dafür, dass Sie nach dem Helfen nicht ins ausgekühlte Bett zurückmüssen: Bereiten Sie eine Wärmflasche vor, ziehen Sie extra-warme Socken an oder stellen eine Thermoskanne mit Tee auf den Nachttisch.
  • Unterstützung durch Technik. Vielleicht helfen technische Geräte wie ein Babyphone oder eine Trittmatte, die Alarm schlägt, wenn die Person nachts aus dem Bett steigt. So brauchen Sie nicht immer mit einem Ohr zu hören, ob bei dem Angehörigen alles in Ordnung ist.
  • Nächtliche Ablenkung. Wer nicht einschlafen kann, nimmt gern ein Buch oder das Handy zur Hand. Besser ist oft ein Hörbuch: So müssen Sie kein Licht anmachen. Macht es Sie nervös, wieder und wieder die Uhrzeit zu checken? Stellen Sie den Wecker am besten weiter weg.
  • Versuchen Sie, sich den Schlaf tagsüber zu holen. Etwa mit einem Powernap von ca. 10-20 Minuten oder einem Nachmittagsschläfchen von 90 Minuten. Langfristig ist das aber keine Lösung: Schlafmangel zehrt am Körper und ist eine enorme Belastung.

Fachliche Beratung:
Christine Lenz arbeitete als Krankenschwester und hat sich auf Schlafmedizin spezialisiert. Seit fünf Jahren arbeitet sie als Schlafcoach und berät auch Angehörige mit Schlafproblemen.