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In dem TV-Zweiteiler "Die Puppenspieler" verkörperten Sie den Kaufmann Jakob Fugger, der alles dem Gewinnstreben unterordnete. Wie sympathisch erschien er Ihnen?

Ich habe schon einen gewissen Respekt, weil ich mein Geld nie so vermehren könnte. Er hat aber nicht einfach gehortet, sondern investiert und viel Soziales geleistet. Trotz seines Reichtums blieb er ein Asket. Das ist schon bemerkenswert. Aber was trieb ihn an, sich überall Macht zu kaufen und wie ein Puppenspieler Einfluss zu nehmen? Er war ein verschlossener Mensch, irgendwas fehlte ihm, er konnte nicht so sein, wie er wollte.

Fasziniert Sie die damalige Zeit, das ausgehende Mittelalter?

Manchmal wünscht man sich ja in bestimmte Zeiten zurück. Aber beim Drehen merkt man, was da alles fehlte und was für eine gigantische Komfortzone wir uns geschaffen haben. Da lebe ich lieber im Heute.

Sie spielen auch in der Serie "Die Kanzlei". Welche Welt ist Ihnen näher: die der Hochfinanz oder die der Paragrafen?

Weder noch. Ich wünschte mir, dass ich mehr Ahnung von Finanzen hätte, aber es hat mich nie genug interessiert. Ähnlich verhält es sich mit dem Anwaltsberuf: Ich habe einen Heidenrespekt vor Menschen, die diese ganzen Paragrafen so inhalieren können und daraus eine Strategie entwickeln, um ihren Mandanten zu helfen. Mich hat immer die Fantasie und das Spielerische interessiert. Der Fugger hat sein inneres Kind umgebracht. Meines durfte ich mir bewahren. Der kleine Junge in mir weist mir nach wie vor den Weg, und er hat eine gigantische Spiel­wiese vor sich.  

War der Weg ans Theater ein Ausbruch aus der Enge der Sozialsiedlung, in der Sie aufwuchsen?

Sicherlich. Es lag auch an der Gesellschaft, die im Umbruch war. Erst die Wirtschaftswunderzeit und dann die Flower-Power-Zeit. Die floss überall rein. Auf dieser "Mach, was du willst!"-Welle durfte ich mitsurfen. Ich sagte: "Papa, ich habe ein Mädchen kennengelernt, und wir wollen in eine WG ziehen." Und er sagte: "Gut, dann macht das." Und nicht: "Du bist verrückt, du wirst Schlosser so wie ich." So durfte ich schon mit 16, 17 Jahren aus dem Haus.

Sie sind ein Kind des Allgäus und leben heute in Berlin.

Als Schauspieler brauche ich die Großstadt, da kommen sämtliche Facetten zusammen, die Menschen und Gesellschaft ausmachen. Das ist manchmal nicht so schön, aber real.

Spielen Sie heute anders als in jungen Jahren?

Vielleicht realer, authentischer. Es kommt die Erfahrung hinzu, wie du deine Energie bündeln kannst. Ich kann mich schneller konzentrieren, laufe nicht mehr so oft vor mir selbst oder der Kamera weg. Ich halte mich selbst besser aus und gehe mit mir selbstverständlicher um. Scheitern kann ich heute zulassen, weil ich weiß, dass ich einen neuen Versuch starten werde. Das Etwas-beweisen-Müssen fällt weg.

Beschäftigt Sie das Thema Älterwerden?

Nein, das Älterwerden gehört einfach zum Leben. Mit Anfang 50 hatte ich noch das Gefühl, ich sei unsterblich. Dann habe ich aber gemerkt: Das stimmt nicht. Die Zipperlein kommen, ich muss mich auf die Endlichkeit einstimmen. Man sollte früh genug anfangen, das anzunehmen. Dann kommt man damit besser klar.

Sie haben mal gesagt, Sie würden mit den Jahren naturaffiner. 

Das stimmt. Als junger Mensch wunderst du dich, warum die älteren Herrschaften immer in die Wälder und Wiesen schauen und den Vögeln lauschen. Aber wenn dir die Endlichkeit bewusster wird, nimmst du mehr um dich herum auf und merkst, wie gehaltvoll die Natur sein kann. Früher war mir nicht bewusst, wie viel Energie man aus Natur und Heimat ziehen kann. Als Idee finde ich es grandios, mal die vier Jahreszeiten auf einer Almhütte zu durchleben.

Bei der Bandbreite Ihrer Rollen hat man den Eindruck: Der kann alles spielen. Oder gibt es Rollen, an die Sie sich nicht herantrauen?

Die Aufgabe ist ja, diese Menschen darzustellen und die Facetten dafür in sich selbst freizumachen. Um Menschen zu verstehen, muss auch alles in mir drin sein. Ich kann alles darstellen, wenn ich in die Psychologie, den Charakter und in den Menschen eintauche und versuche, ihn intellektuell wie körperlich zu begreifen. Bei einem Kinderschänder käme ich aber an meine Grenzen.

Sie sagen, Sie kennen keine Langeweile – warum nicht?

Ich kann mich super beschäftigen, auch wenn ich irgendwo lange warten muss. Meine Mutter konnte das auch. Sie brachte mir schon als Kind bei, dass es keine Langeweile gibt. Wenn du das annimmst, wo du gerade bist, dann kann dir nicht langweilig sein. So habe ich Zeit, um Leute zu beobachten.

Beim Warten lenken sich heute die meisten mit dem Handy ab …

Auch dabei beobachte ich sie gerne. Dabei treffe ich auf die unterschiedlichsten Gesichtsausdrücke. Probieren Sie’s mal aus, das ist faszinierend.

Zur Person:

  • Herbert Knaup wurde am 23. März 1956 in Sonthofen geboren.
  • Schauspiel: Theaterkarriere seit 1978. Spielfilmdebüt 1982. Derzeit u.a. durch die "Kluftinger"-Krimis und die Serie "Die Kanzlei" im TV präsent.
  • Privat: Knaup ist seit 2006 mit Christiane Lehrmann verheiratet und hat mit ihr einen Sohn (9). Ein weiterer Sohn stammt aus einer früheren Beziehung. Mit seiner Familie lebt er in Berlin.

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