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Senioren Ratgeber: Der einstige "Bravo"-Posterboy im Senioren Ratgeber: Wird man da etwas melancholisch?

Kraus: Man vielleicht. Ich nicht. Warum auch? Ich bin mit meinem Leben zufrieden. Natürlich hätte ich das eine oder andere anders machen können. Aber im Prinzip ist doch alles sehr gut gelaufen.

Ihre Abschiedstournee 2014 hieß "Das Beste kommt zum Schluss". Sie geben munter weiter Konzerte. Wenn noch nicht Schluss ist, war es noch nicht das Beste?

Es kommt nicht unbedingt etwas Besseres. Es kommt etwas anderes. Ab Oktober spiele ich ein Programm ohne neue Lieder, wir bringen nur Hits aus den 1950er-Jahren. Es ist eine Hommage an die Kollegen von damals und ein augenzwinkernder Blick auf meine Jugend, als viele den Rock’n’Roll zum Teufel wünschten. Es ist meine fünfte Abschiedstournee. Darum habe ich sie "Große Jubiläumstournee" genannt.

Der junge Rock ’n’ Roller und die Filme – vorzugsweise mit Conny Froboess – sind das Erste, was man mit Ihnen verbindet.

Der Rock ’n’ Roll war ja eine kurze Zeiterscheinung und wurde erst groß durch sein Comeback, ausgelöst durch die Beatles und die Stones ab 1963. In den 1950ern war er ein Nischenprodukt – aber mit hohem Entrüstungspotenzial bei den Erwachsenen. Mein Ziel war immer die Schauspielerei, mir kam dann die Musikkarriere dazwischen.

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In acht Jahren veröffentlichten Sie damals 36 Singles – da kam doch der treueste Fan nicht hinterher!

Das hatte aber eine Logik. Als Gerhard Mendelsohn, einer der größten deutschsprachigen Musikproduzenten, verkündete, dass er mit mir Rock ’n’ Roll wie in Amerika machen wolle, sagten alle: Das ist sein Ende. Dann funktionierte es aber von der ersten Platte an, und er sicherte sich für alles, was in Amerika ein Hit war, die deutschsprachigen Rechte. Also hat er ununterbrochen mit mir aufgenommen. Ich fand das einfach nur toll. Ich durfte mir die Songs aus den US-Hitparaden auswählen wie aus einer Speisekarte.

Von den rockigen Titeln wechselten Sie bald zu Schmusesongs …

Es war das, was sich verkaufte. Die Schwierigkeit war, Rebell zu sein und trotzdem von den Eltern anerkannt zu werden. Kinder konnten damals nicht selbst bestimmen, was sie hörten und kauften. Ideal ­wäre der rockende Rebell gewesen, der zugleich der Traumschwiegersohn der Mutter ist.

Peter Kraus

*18. März 1939 in München als Peter Siegfried Krausnecker

  • Der Sänger und Schauspieler tat sich auch als Showmaster, Produzent und Regisseur hervor.
  • Mit seiner Ehefrau Ingrid hat er den gemeinsamen Sohn Mike, der ebenfalls Musik macht. Ihre ­Tochter Gaby (1962–2001) brachte Ingrid mit in die Ehe. Das Paar lebt in der Südsteiermark und im Tessin.

Wenn Sie einen Wunsch frei­hätten: Mit wem würden Sie gern ein Duett singen?

Natürlich hätte ich gern mit Elvis gesungen, würde gern mit Tom Jones oder Elton John auftreten, aber meinen Helden bin ich gesanglich nicht gewachsen. Seit frühester Jugend verehre ich Frank Sinatra, mein Vater trat schon mit seinen Songs auf.

Was ist besser: Autogrammkarten oder Selfies?

Beides hat seine Vor- und Nachteile. Als ich anfing, waren Autogrammkarten noch etwas Edles. Die konntest du in Schreibwarenläden kaufen und dann von deinem Star unterschreiben lassen. Dann haben uns die Plattenfirmen mit Autogrammkarten zum Verteilen ausgestattet. Daraus wurden Handzettel, die die Künstler paketweise von der Bühne herunterwarfen, da sind nach den Konzerten alle drübergelaufen. Das fand ich entsetzlich. Mit den Selfies kann es ganz lustig sein, aber auf Tourneen ist mir die Ansteckungsgefahr zu groß. Beim Autogrammschreiben hast du noch eine gewisse räumliche Distanz.

Vor zwei Jahren brachen Sie sich bei einer TV-Show die Schulter. Warum hatten Sie danach starke psychische Probleme?

Mein Leben lang habe ich viel Sport gemacht, die verrücktesten Sachen, und mich niemals ernsthaft verletzt. Darum war das für mich ein richtiger Schock, ein Erwachen aus der Ein­bildung, ich sei unverletzbar. "Das kann nicht sein", ging mir nur im Kopf herum. Trotz der Schmerzen saß ich noch eine Stunde in der Show, weil ich dachte, das vergeht gleich wieder. Im Krankenhaus glaub­te ich, mein Leben sei zu Ende – wegen einer gebrochenen Schulter, das muss man sich mal vorstellen!

Wie schaffen Sie es, aus jeder Situation das Beste zu machen, selbst aus einem Autobahnstau?

Ich beobachte die anderen Autofahrer, wie sie ihre Gesichter verziehen, gestikulieren. Das fasziniert mich so, dass darüber mein eigener Ärger verfliegt. Und so versuche ich einfach überall im Unabwendbaren etwas Schönes zu finden.

Sie sind geistig und körperlich ständig in Bewegung. Es heißt, Sie machen sogar beim Zähneputzen Kniebeugen.

Ein unruhiger Geist in einem unruhigen Körper. Das ist meine Natur. Bewegung in den Alltag einzubauen ist doch etwas Wunderbares! Außerdem habe ich mein Theraband, springe gleich nach dem Aufstehen Trampolin und fahre sehr gerne Ski.

Bleiben Sie morgens nicht auch mal länger im Bett liegen?

Wenn ich aufwache, stehe ich auf. Wenn es sehr früh ist, spüre ich plötzlich die Hand meiner Frau im Rücken, die mich festhalten will: "Du schläfst jetzt noch!" Ihr zuliebe lege ich mich dann wieder hin, bis sie wieder eingeschlafen ist. Dann schleiche ich mich raus und trinke einen Espresso.

Welche Begabung hätten Sie gerne gehabt?

Ich habe kein Talent für Sprachen, das ärgert mich fürchterlich. Aber daran ist meine angeborene Unkonzentriertheit schuld.

Spüren Sie Altersweisheit?

Eher Altersvergesslichkeit.

Was ärgert Sie im Alltag?

Schlechtes Benehmen. Die Umgangsformen werden immer schlimmer. Junge Menschen grüßen nicht mehr. Und ich finde es entsetzlich, wenn Menschen auf der Straße mit einem Sandwich in der rechten und einem Kaffee in der linken Hand herumrennen – und mit einem Kopfhörer, über den sie gleichzeitig telefonieren.

Achten Sie auf Ihre Ernährung?

Ich halte mich mit meinen Sünden relativ zurück und gebe ihnen nur nach, wenn es wirklich Spaß macht: Komme ich nach München, esse ich Weißwürste, sonst nie. In Wien esse ich mit Sicherheit Kaiserschmarren und Tafelspitz. Am richtigen Ort zur richtigen Zeit genossen, werden ganz einfache Gerichte zu wahren Delika­tessen.

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