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1. Was versteht man unter einer geriatrischen Reha?
Bei der geriatrischen Reha geht es nicht darum, eine spezielle Erkrankung zu behandeln – im Mittelpunkt stehen der ältere Patient und seine Selbstständigkeit im Alltag. Oft gibt es neben einer Haupterkrankung noch zahlreiche andere chronische Leiden. Was schafft er nach wie vor ohne Hilfe? In welchen Punkten sollte er gefördert werden? Welche Tätigkeiten oder Unternehmungen sind für seine Lebensqualität entscheidend? Einkäufe tätigen, mit dem Zug die Enkel besuchen oder wieder längere Radtouren unternehmen?

Ein speziell in der Altersmedizin geschultes Team aus Ärzten und Therapeuten (u.a. Pflegekräfte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen) kümmert sich um den Patienten. Es überprüft zum Beispiel, ob der Patient unter Schmerzen leidet, die bisher nicht behandelt wurden oder was bei den Medikamenten zu verbessern ist. Danach sollte der Patient möglichst wieder sein gewohntes Leben führen. Ziel einer geriatrischen Reha ist auch, einer Pflegebedürftigkeit vorzubeugen oder diese zumindest hinauszuzögern.

2. Für wen eignet sich eine geriatrische Reha?
Wer sich aufgrund von Herzschwäche, Parkinson, Arthrose oder einer anderen chronischen Erkrankung immer mehr zurück zieht und seine Aktivitäten im Alltag zurückfährt, sollte über eine geriatrische Reha nachdenken. Auch nach einem Oberschenkelhalsbruch oder einem Ersatz der Herzklappe profitieren viele Senioren davon.

Rascher zur Reha:

Anfang Juli hat der Bundestag das Rehastärkungsgesetz beschlossen. Die Regelungen treten voraussichtlich ab Herbst 2020 in Kraft:

  • Ärzte dürfen eine geriatrische Reha verordnen, ohne dass die Krankenkasse vorher prüft, ob es medizinisch notwendig ist. Ältere können so mit einer rascheren Bewilligung rechnen.
  • Bei der Reha werden künftig standardmäßig 20 Tage (ambulant) und drei Wochen (stationär) verordnet.
  • Wer eine Reha-Einrichtung wählt, die nicht von der Kasse zugewiesen wurde, muss oft mit Mehrkosten rechnen. Dieser Anteil wird für Patienten künftig halbiert.
  • Experten hoffen: Durch eine zeitnahe Reha, etwa nach einem Sturz oder einer schweren Krankheit, kann eine Pflegebedürftigkeit noch besser verhindert oder hinauszögert werden.

3. Worin unterscheidet sich der Alltag in solchen Einrichtungen?
Kurze Wege, Barrierefreiheit, die Therapeuten holen die Patienten vom Zimmer ab oder behandeln gleich dort. Das Essen wird auf Wunsch aufs Zimmer gebracht. Jedes Training ist speziell auf Senioren abgestimmt. Der Therapieplan berücksichtigt, wie belastbar der Einzelne ist. Täglich gibt es Arztbesuche, Fachärzte werden miteinbezogen. Krankenpfleger helfen beim Waschen und Anziehen, ermuntern jedoch, solche Tätigkeiten nach und nach selbst zu übernehmen.

4. Welche Voraussetzungen gibt es?
Ob 70 oder 90 Jahre: Das genaue Alter spielt eine untergeordnete Rolle, ob eine geriatrische Reha in Frage kommt. Entscheidender ist, ob jemand schlecht beieinander ist und mehrere Leiden hat. Bei hochaltrigen Menschen genügt aber meist eine schwere Krankheit.

5. Was ist, wenn jemand pflegebedürftig ist?
Grundsätzlich steht die geriatrische Reha auch pflegebedürftigen Menschen mit einem Pflegegrad offen. Vorausgesetzt, der Patient ist "rehafähig", kann also aktiv mitarbeiten, was bei einer fortgeschrittener Demenz schwierig sein kann. Es muss zudem die Aussicht bestehen, dass die Reha zu einem höheren Maß an Selbstständigkeit führt. Auch pflegende Angehörige können wegen der hohen Belastung eine Reha oder Kur machen. Wie das geht, lesen Sie hier.

Reha in Corona-Zeiten:
Rehakliniken nehmen aktuell wieder ihren Regelbetrieb auf. Angebote zur mobilen Reha haben im Zuge der Pandemie einen Aufschwung erfahren. Ideal für all diejenigen, die nicht von zuhause weg können.

6. Wer kann eine geriatrische Reha verordnen?
Oft schließt die geriatrische Reha an einen Klinikaufenthalt an. Dann stellt der Klinikarzt mit dem Sozialdienst den Antrag. Doch auch Haus- und Fachärzte können eine geriatrische Reha verordnen. Auch bei der Begutachtung durch den MD (Medizinischen Dienst) kann man nach der Möglichkeit einer geriatrischen Reha fragen.

7. Welche Einrichtungen bieten sie an?
Geriatrische Rehas finden oft stationär statt, man bezieht also für die Dauer ein Zimmer in einer speziellen Rehaklinik. Experten empfehlen, bei der Wahl möglichst auf Wohnortnähe zu achten, vor allem, wenn Angehörige miteingebunden werden möchten/sollen. Leider gibt es noch nicht in allen Bundesländern eine flächendeckende Versorgung. Online nach einer Klinik suchen kann man auf den Seiten der Krankenkassen. Adressen listet etwa der Bundesverband Geriatrie auf.

Daneben ist auch eine ambulante Reha möglich. Man wird morgens von einem Fahrdienst abgeholt, erhält während des Tages verschiedene Anwendungen und eine ausreichende Verpflegung und wird nachmittags wieder nach Hause gebracht. Für manche Ältere kann das eine gute Lösung sein.

Die mobile geriatrische Reha ist eine Sonderform. Dabei kommt ein interdisziplinäres Team  zum Patienten nachhause und behandelt dort. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass Betroffene, die zuhause wohnen, ausreichend versorgt sind. Diese Therapie wird aber bundesweit leider immer noch zu wenig angeboten.

8. Was muss man beim Beantragen beachten?
Voraussetzung für eine Reha ist ein vom Arzt vollständig ausgefüllter und gut begründeter Antrag. Alle drei Jahre haben Versicherte prinzipiell Anspruch auf eine ambulante Reha, alle vier Jahre auf eine stationäre Reha. Treten zwischenzeitlich neue Gesundheitsprobleme auf, kann eine erneute Reha auch früher erfolgen. Zuständig für Rentner ist die Krankenkasse.
So läuft die Beantragung ab, wenn der Hausarzt zuständig ist:

• Ist eine Reha nötig oder sinnvoll, ambulant oder stationär? Mit dem Hausarzt besprechen.
• Antragsformular von der Kasse zuschicken lassen oder beim Arzt danach fragen.
• Formular mit dem Haus- oder Facharzt ­gewissenhaft ausfüllen, wenn nötig, helfen lassen.
• Der Arzt schickt den Antrag an die zustän­dige Krankenkasse.
• 14 Tage dauert es in der Regel bis zum Bescheid, wenn jemand, der zuhause ist, den Antrag stellt.
• Kostenzusage? Aufenthalt organisieren, Reha zeitnah antreten, jedoch spätestens innerhalb von drei Monaten.

Fachliche Beratung:
Prof. Clemens Becker, Chefarzt Klinik Geriatrische Rehabilitation im Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus; Dr. William Micol, Chefarzt Geriatrische Rehabilitation, AGAPLESION Bethanien Krankenhaus Heidelberg, Geriatrisches Zentrum der Universität Heidelberg; Dr. Joachim Zeeh, Facharzt f. Innere Medizin, Geriatrie und Palliativmedizin, Geriatrische Fachklinik Georgenhaus, Meiningen

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