Logo der Apotheken Umschau

Vor zwei Jahren haben Sie Ihren Vornamen Dieter abgelegt und nennen sich seitdem Max. Fühlen Sie sich jetzt besser?

Viel besser! Ich liebe es, wenn es im Studio heißt: "Max, wir machen jetzt eine Probe."

Warum gerade Max? 

Ich finde, dass diese Kombination gut klingt. Eine Geschichte gibt es dazu nicht. Ich fand Max immer super.

Für Ihr Buch "Als Max noch Dieter war" sind Sie in Ihre Kindheit zurückgereist. Wie war das?

Ich habe beim Erinnern gestaunt, wie anders die Sechzigerjahre waren. Kalter Krieg gepaart mit einem seltsamen Optimismus. Auf der einen Seite baute man Bunker aufgrund der tödlichen Bedrohung, auf der anderen Seite gab es so eine Zuversicht: "Wir haben dank Atomkraft keine Energieprobleme mehr, alles ist machbar."

Ein anderes Lebensgefühl als heute …

… an das ich mich mit einer gewissen Wehmut erinnere. Ich habe eine geborgene Kindheit erlebt in dem Wissen: Man muss bestimmte Dinge nur richtig machen, dann wird alles gut. Nach dem Klo die Hände waschen, Zeitungspapier in die Schuhe stopfen, um sie zu trocknen …

Stimmt es, dass Sie Geige, Klavier, Gitarre und Saxofon spielen?

Ich konnte es mal. Richtig gut, kurz vor dem Professionell-Werden, konnte ich Geige. Zwischen Anfang 20 und Mitte 30 habe ich viele Sachen ausprobiert und geübt. Leider ist alles weg. Jetzt spiele ich kein Instrument mehr. Mein Versuch, die Geige zu reaktivieren, verlief frustrierend.

Warum hatten Sie als Jung-Erwachsener vier Jahre keinen Kontakt zu Ihrem Vater?

Das hatte sich so ergeben, es gab keinen Streit. Als junger Mensch ist es notwendig, auf Distanz zu gehen. Du bekommst eine Postkarte, willst eigentlich antworten, und plötzlich sind drei Wochen ins Land gegangen, und du sagst dir: Jetzt hast du den richtigen Augenblick verpasst und verdrängst es wieder.

Wie haben Sie wieder zusammengefunden?

Mein Vater ist nach Wien gereist, wo ich damals wohnte, und hat sich zu mir durchgefragt. Diese hierarchische Vater-Sohn-Geschichte war plötzlich abgeschlossen. Ein nicht mehr junger und ein junger Mann begegneten sich auf Augenhöhe und fragten einander mit ehrlichem Interesse: Wie geht es dir?

Was ist an dieser Frage so besonders?

Bei Vätern ist das eigentlich eine Kontrollfrage, sie wollen wissen: Hast du Probleme, wo stehst du? Ich merkte plötzlich, wie wenig ich über sein Leben wusste, und bat meinen Vater, davon zu erzählen. Am dritten Abend waren wir erst bei seinem 20. Lebensjahr, und es war keine Sekunde langweilig. Ich kann nur empfehlen: Fragt die Älteren nach ihrem Leben!

Sie sind inzwischen auch Biobauer. Ist das Landleben für Städter ein tiefes Bedürfnis?

Es ist schon ein Grundbedürfnis, auf dem Land zu sein. Der Mensch ist nicht dafür geschaffen, nur in Beton zu leben. Aber viele haben ein Idealbild im Kopf, das nicht der Realität entspricht. Die ziehen von der Stadt aufs Land und stellen frustriert fest, dass es dort auch nicht still ist. Irgendeinen Trecker hört man immer. Mit dem Traum vom Landleben ist es wie mit den Kochshows: Man hat das Gefühl, man ist dabei und weiß, wie es geht. Aber dann schiebt man sich doch eine Fertigpizza in den Ofen …

Zur Person:

  • Max Moor: geboren am 1. Mai 1958 in Zürich mit den Vornamen Dieter
  • Kultur: Abschluss an der Zürcher Schauspiel-Akademie. Moderierte verschiedene Fernsehsendungen wie "Kunst-Stücke", "Canale Grande", "Na also!" und "Ex! Was die Nation erregte". 2007 wechselte der TV-Moderator zum Kulturmagazin
    "ttt – titel, thesen, temperamente", das sonntagabends im Ersten läuft.
  • Natur: Moor lebt mit seiner Ehefrau Sonja seit 2003 auf einem gemeinsam bewirtschafteten Bio-Bauernhof in Brandenburg. Seine Tochter aus erster Ehe ist die Schauspielerin Miriam Stein (*1988).

"Man sollte nicht mehr besitzen, als in einen Ford Transit passt", sagten Sie mal. Heute bestellen Sie 160 Hektar Land ...

Jetzt bräuchte ich schon für das landwirtschaftliche Gerät einen Güterzug. Von den 160 Wasserbüffeln und Galloway-Rindern ganz zu schweigen ...

Spontan in den Urlaub zu fahren wird nicht möglich sein …

Wir sind seit 13 Jahren nicht mehr im Urlaub gewesen. Aber wir hatten vorher beide eine Zeit lang eine Reisesendung gemacht, sind also viel herumgekommen – und haben die frustrierende Erfahrung gemacht, dass es so anders woanders nicht ist.

Wie meinen Sie das?

Strände sind Strände, und in den Innenstädten haben sich überall die gleichen Ketten eingemietet. Die Welt ist normiert. Trotzdem hätten wir uns einmal beinahe ins Auto gesetzt, um an die Ostsee zu fahren. 

Und was passierte dann?

Ich wohne beruflich häufig im Hotel, also wollten wir in ein Ferienhaus. Dann fragten wir uns: Warum sollen wir uns ein Häuschen mieten, das wesentlich kleiner und nicht so eingerichtet ist, wie es uns gefällt? Denn das wäre doch ein Zufall, wenn es noch jemanden gibt, bei dem es so aussieht wie bei uns zu Hause. Und so wurde unser Plan immer sinnloser.  

Sie moderieren ein Kulturmagazin. Was ist Kultur eigentlich?

Diese ganze Diskussion über Werte, über Islam und Christentum, das ist für mich Kultur pur. Für mich ist alles Kultur, was nicht Natur ist. 

Mit welchem Kulturthema würden Sie sich gerne ausführlicher beschäftigen?

Mit der Frage, warum wir es zugelassen haben, dass das Bild unserer Städte vom Auto vollkommen verändert wurde. Wir haben keine Plätze mehr, wir haben nur noch Parkplätze. Was ist der öffentliche Raum, wie gehen wir mit unserem Lebensraum um? 

Sie selbst haben gar keinen Fernseher?

Doch, seit ein paar Wochen, so richtig schön groß, mit hoher Auflösung. Weil ich auch mal wieder einen Film in Groß sehen will, ohne ins Kino zu müssen. Er lief aber erst einmal.  

Ist das nicht etwas kokett, Fernsehen zu machen, ohne selbst zu schauen?

Ja, wenn es Absicht wäre oder Berechnung. Aber es ergibt sich einfach nicht. Ich komme nicht dazu.