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Isabel Varell *31. Juli 1961 als Isabel Wehrmann in Kempen

Live Sängerin, Schauspielerin, TV-Moderatorin. Seit 2019 moderiert sie mit Tim Schreder das ARD-Morgenmagazin "Live nach neun". Privat Erste Ehe mit Drafi Deutscher. In zweiter Ehe mit TV-Regisseur Pit Weyrich verheiratet.

2019: Immer wieder Sonntags im SWR

2019: Immer wieder Sonntags im SWR

Sie gehen mit dem Thema Älterwerden ganz unverkrampft um. Warum zieht es sich als roter Faden durch Ihr neues Buch "Die guten alten Zeiten sind jetzt"?

Weil ich für Ehrlichkeit bin. Was das Bücherschreiben für mich so wertvoll macht, ist die Möglichkeit zu einem offenen Austausch. Das Wichtigste zwischen uns Menschen ist doch, dass wir uns unsere Geschichten erzählen, unsere Gefühle. Und daraus keine Geheimnisse machen. Ich bin Kind einer Generation, wo mehr Schein als Sein galt. Nur keine Blöße geben, Scheitern galt als etwas Schlimmes. Es ist wirklich eine Lebensaufgabe, seinen eigenen Weg zu finden.

Die Geschichten von anderen helfen dabei?

Für mich war es immer wichtig, die Geschichten von anderen zu hören. Daran bin ich ja mitgewachsen. Was meinen engen Freunden passiert ist, passierte damit auch mir: Ich beobachtete, wie sie sich verhielten. Ich bin froh, dass ich offen mit mir selber umgehen kann.

Und Sie wollen anderen sagen: "Wenn es dir ähnlich geht – hier ist meine Geschichte"?

Ja. Ich glaube daran, dass Bücher Lebensmittel sind. Sich zu öffnen und zuzugeben, dass man Ängste hat, überwindet auch Ängste. Mut gibt es nur, weil es Ängste gibt. Ich musste in meinem Leben oft mutig sein, und ich bin es gerne immer wieder. Nur habe ich das Gefühl: Die Resilienz und die Bereitschaft, mutig zu sein, lassen im Älterwerden nach.

Woran liegt es, dass die Bereitschaft abnimmt?

Wohl daran, dass man aus seiner Komfortzone immer weniger herausmöchte. Das ist ja auch verständlich. Wenn man das aber zu sehr zulässt, verzichtet man auf viele überraschende Dinge, die passieren können, die einem das Leben einhauchen und dafür sorgen, dass man seine Kondition behält im Umgang mit Menschen.

Was ist Ihr Rezept, jung zu bleiben?

Das Kind in mir zu erhalten. Wir gehen ins Fitnessstudio und trainieren Bauch, Beine, Po, dabei ist es so wichtig, auch das Kind in sich weiterhin zu trainieren. Flausen im Kopf haben, albern sein. Und nicht Angst davor zu haben, dass andere die Nase rümpfen.

Ich merke an ihrem Verhalten, dass viele alte Menschen sich dafür schämen, dass sie alt sind. Dabei müssten sie doch eigentlich stolz sein auf den Weg, den sie zurückgelegt haben. Stattdessen nehmen sie sich zurück, bemühen sich, seriös, ernst und leise zu sein. Warum?

Sie fühlten sich erst mit 50 im Leben richtig angekommen …  

Ja, ich hatte ja keinen einfachen Start. Die jungen Menschen um mich he­rum sind heute viel weiter, als ich das damals war. Die Generation meiner Eltern, das waren die Kriegskinder, die unter sehr autoritären Eltern litten und das weitergaben. Meine Mutter war sehr narzisstisch, verkraftete nicht, dass sie verlassen worden war. Ihre Lebensfrustration ließ sie an mir ab. Als ich volljährig war, fühlte ich mich wertlos. Mich wertvoll zu finden, mir etwas zuzutrauen, mutig zu sein, wurde meine Lebensaufgabe.

Warum sind Sie trotzdem ins Rampenlicht getreten?

Das ist eigentlich widersprüchlich, findet sich aber in vielen Künstlerbiografien. Vielleicht war gerade dieser schlechte Boden, auf dem ich aufwuchs, mein Antrieb. Wir bestehen ja nicht nur aus Prägungen. Wir haben eine Grundeinstellung wie jedes Smartphone, und dann kommen die Apps des Lebens dazu. Wir könnten die Grundeinstellung wiederherstellen, aber wer will das schon?

Warum ist es nie zu spät, an sich zu arbeiten?

Ich gehöre einer Generation an, für die Psychotherapie ein Segen ist. Für meine Eltern waren Therapeuten "Ärzte für Bekloppte". Gott sei Dank hat die Seele heute eine Lobby, wir sind in einer viel besseren Zeit. Auch gute systemische Coaches schaffen es manchmal schon in wenigen Sitzungen, Antworten zu finden, die schon in dir drin sind. Dadurch können Lichter angehen, die die Lebensqualität deutlich verbessern.

Sie haben selbst einen Abschluss als systemischer Coach.

Genau. Psychologie hat mich immer interessiert, und die Werkzeugkoffer, die ich bei der Ausbildung an die Hand bekommen habe, kann ich auch gut an mir selber anwenden.

"Mein Leben ist geprägt von Neuanfängen", schreiben Sie.  

Es gibt Momente, wo ich diejenigen beneide, die immer genau wissen, wo ihr berufliches Zuhause ist. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es immer leicht war. Ich habe meine Schicksalsschläge hinter mir und Lebensphasen, in denen es mir wirklich nicht gut ging. Und dann fällt es nicht so leicht, in eine neue berufliche Verbindung zu gehen mit neuen, wildfremden Menschen. Aber letztlich möchte ich mit niemandem tauschen. Die meiste Zeit war es unheimlich spannend und aufregend.

Gibt es noch etwas, das Sie an sich ändern wollen?

Ich würde nie sagen: "Ich habe ausgelernt." Ich möchte mich weiterentwickeln, und dieser Prozess hört hoffentlich nie auf. Das Interesse daran hoffentlich auch nicht. Man kann immer besser werden, man ist nie der perfekte Mensch, der alles kann.

Wie halten Sie sich fit?

Ich laufe zwei-, dreimal die Woche und mache Yoga. Yoga stärkt die innere Mitte und verschafft eine stolze Haltung. Das ist etwas Wunderbares.

Welche Gabe besäßen Sie gerne?

Ich beneide Vögel. Mit den eigenen Flügeln vom Boden abheben und den Wind genießen, das wäre toll.

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