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Die Schilddrüsentablette eine halbe Stunde vor dem Frühstück, den Blutdrucksenker gleich danach. Und dann noch die Augentropfen richtig verabreichen! Die Arzneitherapie für pflegebedürftige Menschen ist häufig kompliziert. Kein Wunder, dass sich Angehörige damit oft überfordert fühlen, wie US-Forscher in einer Studie feststellten.

Claudia Cramer, Apothekerin und Expertin für geriatrische Pharmazie aus Herscheid, engagiert sich seit Jahren im Pflegenetzwerk vor Ort und kennt die Nöte der Angehörigen. Sie gibt Tipps, wie Sie es sich leichter machen können.

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"Ihnen fällt es schwer, eine Tablette zu teilen? Sagen Sie es Ihrem Apotheker. Er kann gegebenenfalls auch ein anderes Präparat abgeben, das Sie nicht teilen müssen."

Claudia Cramer, Apothekerin und geriatrische Pharmazeutin, Herscheid

Verantwortung klären

Oft sind mehrere in der Familie in irgendeiner Form an der Pflege beteiligt. Da ist es gut, wenn einer die Zuständigkeit für die Arzneitherapie übernimmt und Ansprechpartner für Arzt und Apotheker ist. Weil beide Heilberufler der Schweigepflicht unterliegen, ist es gut, wenn der Helfer eine entsprechende Vollmacht hat oder als Betreuer für gesundheitliche Belange eingesetzt ist. In der Pflegesituation wird leicht unterschätzt, wie wichtig eine gute Medikation für den Betroffenen ist. Eine akkurate Therapie der Parkinson-Krankheit etwa fördert die Beweglichkeit und die Lebensqualität des Patienten – und erleichtert Ihnen die Pflege.

Gut planen

Medikamente sortieren Sie am besten in einer Dosierbox und gleich für eine ganze Woche im Voraus – so haben Sie den Überblick und können den Arzt rechtzeitig um ein Folgerezept bitten. Viele Apotheken bieten gegen eine kleine Gebühr an, die Arzneimittel zu verblistern (ca. 5 Euro pro Woche und Patient). So haben Sie für jeden Einnahmezeitpunkt sicher die richtigen Tabletten in der richtigen Dosis zur Hand.

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"Ohne Mediboxen würde bei uns gar nichts funktionieren! Den Tipp gebe ich auch unseren Kunden in der Apotheke immer. Das erleichtert den Alltag ungemein, gerade, wenn man mehrere Medikamente braucht. So hat man immer die Übersicht: Hat mein Angehöriger die Tabletten genommen? Wenn sie zur Neige gehen, kann man sie rechtzeitig nachbestellen."

Carina Botkowska-Flögel, pflegt ihren Mann und arbeitet als PTA in einer Apotheke

Einnahmezeitpunkt beachten

Manche Medikamente müssen genau zur vorgeschriebenen Zeit eingenommen werden – sonst ist die Wirkung nicht gewährleistet. Dazu zählen beispielsweise Mittel gegen Anfallsleiden oder Parkinson.

Richtig verabreichen

Ihr Angehöriger ist bettlägerig? Es ist wichtig, dass er aufrecht sitzt, wenn er eine Tablette bekommt. Sonst könnten diese in der Speiseröhre stecken bleiben. Tabletten sollte man immer einzeln und jeweils mit einem großen Schluck Wasser einnehmen. Ihr Angehöriger hat Probleme mit dem Schlucken? Bitten Sie Ihren Apotheker um Hilfe. Manchmal ist es möglich, die Tablette zu teilen. Auch gibt es spezielle Überzüge für Tabletten, die die Einnahme erleichtern.

Rat für besondere Fälle

Asthmasprays, Augentropfen – manche Arzneimittel sind in der Anwendung knifflig und erfordern die Mithilfe Ihres Angehörigen. Bei Dosieraerosolen beispielsweise muss der Patient oft einen Druckknopf betätigen und im richtigen Augenblick tief einatmen. Haben Sie den Eindruck, dass das nicht klappt, sprechen Sie Ihren Apotheker an. Er kann gegebenenfalls anregen, dass der Arzt ein anderes Präparat verschreibt.

Auf Nebenwirkungen achten

Vielleicht kann Ihr pflegebedürftiger Angehöriger nicht selbst in die Apotheke kommen. Umso wichtiger ist es, dass Sie Ihren Blick für mögliche Nebenwirkungen schärfen. Schwindel, Verwirrtheit, Gedächtniseinbußen: Vieles, was Sie vielleicht dem Alter oder der angegriffenen Gesundheit Ihres Angehörigen zuschreiben, kann mit Medikamenten zu tun haben. Informieren Sie Ihren Apotheker – vor allem, wenn die Beschwerden neu auftreten.

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"Mein Sohn hat eine Behinderung. Es ist nicht leicht, ihm seine Medikamente zu geben: Wenn ich sie ins Essen mische, schmeckt er das und lässt es stehen. Man muss sie mörsern und ihm in Saft in einem Baby-Trinkfläschchen geben, das funktioniert. Allerdings darf man nicht jede Tablette mörsern – sprechen Sie Ihren Apotheker darauf an."

Gisela Maubach, pflegt ihren behinderten Sohn

Therapie vereinfachen

Zehn oder zwölf Tabletten Tag sind in der häuslichen Pflege keine Seltenheit. Häufig ist es aber möglich, die Medikation zusammenzufassen: Etwa indem der Arzt Kombipräparate verschreibt oder die Einnahmezeitpunkte reduziert werden. Sprechen Sie Ihren Arzt oder Apotheker darauf an.

Arznei-Check nutzen

Immer mehr Apotheken bieten eine so genannte Medikationsanalyse an. Dabei nimmt der Apotheker alle Arzneimittel, die Ihr Angehöriger bekommt, unter die Lupe und geht sie Schritt für Schritt mit Ihnen durch. Am Ende steht häufig eine Korrektur der Arzneitherapie. In jedem Fall gibt die Medikationsanalyse Ihnen das gute Gefühl, über die Medikamente Ihres Angehörigen Bescheid zu wissen. Für die Dienstleistung fällt in der Regel eine Gebühr an.

Fünf Fragen, über die Sie bei jedem Medikament Bescheid wissen sollten:

  • Wie heißt das Medikament?
  • Wofür (oder wogegen) ist es?
  • Wann und wie muss das Medikament eingenommen werden?
  • Auf welche Symptome sollte ich achten – wann sollte ich den Arzt oder Apotheker verständigen?
  • Woran erkenne ich, dass das Medikament nicht das tut, was es soll?

Diese Arzneimittel-Klassiker sollten Sie kennen

Fünf oder mehr verschiedene Medikamente pro Tag? Für pflegebedürftige Personen ist das eher die Regel als die Ausnahme. Umso wichtiger ist es, über die Mittel ein wenig Bescheid zu wissen.

Fachliche Beratung:
Claudia Cramer, Apothekerin und geriatrische Pharmazeutin, Herscheid