Nähe, Intimität und Berührung spielen nicht nur im Heim eine wichtige Rolle. Auch für die häusliche Pflege hat Sexualität "eine große Brisanz", weiß Silke Wendland von pro familia Niedersachsen, die Fortbildungen zum Thema organisiert. "Sexuelle Probleme können erheblich zur Überforderung der Angehörigen beitragen. Leider fällt der Aspekt in der Pflegeberatung oft unter den Tisch."
Hier sind drei typische Konfliktsituationen – und wie Sie sich als Angehöriger verhalten können:
In der Pflege verändern sich häufig die Rollen. Ihr Partner, den Sie ein Leben lang auf Augenhöhe wahrgenommen haben, als stark und begehrenswert, ist nun von Ihrer Hilfe abhängig. Möglicherweise bringen Sie den Kranken auch zur Toilette, waschen und betten ihn. Darunter kann die sexuelle Anziehung leiden. Umgekehrt raubt Ihnen die Pflege vielleicht so viel Kraft, dass Ihnen schlicht die Lust auf Sex abgeht.
Eine Demenzerkrankung kann sich auf die Sexualität auswirken. Manchmal dürfte es für Sie schwierig sein zu beurteilen, ob das Verhalten Ihres Partners den Wunsch nach körperlicher Nähe ausdrückt oder ein Symptom der Demenzerkrankung darstellt.
Informieren Sie sich über die Erkrankung. So können Sie das Verhalten Ihres Partners besser einschätzen. Demenz ist nicht gleich Demenz: Manche Formen führen dazu, dass der Patient seine Impulse immer weniger kontrollieren kann und ein enthemmtes Verhalten zeigt.
Sexuelles Verhalten muss nicht (immer) Sex bedeuten. Auch wenn die Situation eindeutig zu sein scheint: Entkleidet sich Ihr demenzkranker Partner plötzlich, kann das auch daran liegen, dass ihm zu warm ist. Fasst er sich an die Genitalien, sucht er vielleicht Geborgenheit und Bestätigung. Die Erkrankung führt dazu, dass sich Ihr Partner nicht anders ausdrücken kann.
Suchen Sie Rat. Auch für das Thema Sexualität bei Demenz dürfen Sie in einem Gesprächskreis für pflegende Angehörige auf Verständnis und Unterstützung rechnen. Fachkundige Hilfe erhalten Sie außerdem am "Alzheimer-Telefon" der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft (030/259379514) und in der Broschüre "Sexualität und Demenz" von pro familia, zu bestellen unter www.profamilia.de.
Über die Sexualität ihrer Eltern wissen auch erwachsene Kinder in der Regel wenig oder nichts. Möglicherweise fällt es Ihnen als Tochter oder Sohn auch schwer, Ihre Eltern als sexuell aktive Menschen wahrzunehmen.
Fachliche Beratung:
Silke Wendland, pro familia Niedersachsen