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Frau Dr. Kwetkat, Corona hat uns gezeigt, wie wichtig Impfschutz vor allem für Ältere ist. Eine Impfung gibt es auch gegen Gürtelrose. Für wen ist das ratsam?

Die Ständige Impfkommission, kurz STIKO, empfiehlt die Impfung allen über 60-Jährigen.  Statistisch gesehen erkrankt jeder Zweite, der das 85. Lebensjahr erreicht, einmal an einer Gürtelrose. Für Menschen mit einer Vorerkrankung wie Diabetes, Asthma oder Nierenschwäche gilt die Empfehlung der STIKO sogar schon ab 50.

Warum ist eine Gürtelrose gefährlich?

Lebensbedrohliche Verläufe sind zwar selten und treffen vor allem immungeschwächte Patienten. Aber Gürtelrose ist meist sehr schmerzhaft. Wenn sich der Haut­ausschlag im  Gesicht entwickelt, drohen zudem Schäden an den Augen.

Dr. Anja Kwetkat von der Arbeitsgruppe Impfen

Dr. Anja Kwetkat von der Arbeitsgruppe Impfen

Nicht selten kommt es bei Patienten auch zu Nervenreizungen, die zu starken Schmerzen führen können. Diese können manchmal über Monate anhalten und sind oftmals nur schwer zu behandeln. Das Risiko dafür steigt – genauso wie für die Gürtelrose- Infektion selbst – mit dem Alter.

Die Impfung schützt also nicht nur vor der Gürtelrose an sich, sondern auch vor ihren teils schweren Komplikationen.

Wie Corona wird auch Gürtelrose von Viren übertragen.

Das Virus, das Gürtelrose auslöst, heißt Varizella zoster. Das Zostervirus verursacht auch Windpocken. Fast alle Menschen, die heute 50 Jahre oder älter sind, tragen es bereits im Körper.

Sie haben sich im Kindesalter mit Windpocken angesteckt, gegen die es damals noch keine Impfung gab. Sind die Windpocken überstanden, verbleiben die Zosterviren im Körper: Sie ziehen sich in Nervenknoten zurück und verstecken sich so vor der Im-
munabwehr.

Und irgendwann kommen sie wieder zum Vorschein …

Ja. Sobald die Immunabwehr eines Menschen schwächelt, etwa bei emotionalem oder körperlichem Stress, breiten sich die Viren vom Rückenmark ausgehend über die Nervenknoten aus. So gelangen sie in die Haut und erzeugen dort den typischen bläschenförmigen Ausschlag. Meist entsteht er in Form eines halbseitigen Gürtels am Rumpf. Daher kommt der Name Gürtelrose.

Was für ein Impfstoff kommt zum Einsatz?

Der Impfstoff enthält inaktive Bestandteile der Viren. Deshalb ist er auch für die Menschen geeignet, deren Immunsystem stark geschwächt ist, etwa aufgrund einer Krebserkrankung oder nach einer Organtransplantation. Das Präparat ist gut verträglich.

Schwellungen oder Druckschmerz an der Einstichstelle können auftreten, vergehen aber wieder. Bis zu drei Tage nach der Impfung kann man sich auch müde oder fiebrig fühlen und Kopfschmerzen haben. Solche Reaktionen sind nicht bedenklich, im Gegenteil: Sie zeigen, dass das Immunsystem gut arbeitet. Aber auch wenn solche Beschwerden ausbleiben, sind Geimpfte danach gegen das Virus immun.

Reicht dafür ein einziger Piks?

Es werden zwei Spritzen im Abstand von zwei bis sechs Monaten gegeben. Nach allem, was Virenexperten derzeit wissen, ist danach keine Auffrischung mehr nötig.

Wie sicher ist es, dass Geimpfte nie mehr Gürtelrose kriegen?

Bis ins hohe Alter bietet die Impfung einen sehr guten Schutz gegen die Viruserkrankung. Die Wirksamkeit liegt bei mehr als 90 Prozent.

Wann ist der beste Zeitpunkt, sich impfen zu lassen?

Da gibt es keine Vorgaben – die Gürtelrose ist nicht saisonabhängig wie die Grippe. Wichtig ist, dass man zum Zeitpunkt der Impfung nicht akut krank ist.

Im Zweifel fragt man vorher seinen Arzt oder seine Ärztin.

Die Grippeimpfung steht bald wieder an. Ist es wichtig, da auf ausreichend Abstand zu achten?

Beide Impfstoffe lassen sich unproblematisch zeitnah verabreichen. Manche Impfstoffe wirken sogar besser, wenn sie gleichzeitig gegeben werden. Bei Grippe und Pneumokokken zum Beispiel fällt die Immunantwort besser aus, wenn die Impfstoffe zusammen verabreicht werden.

Pneumokokken lösen eine Lungenentzündung aus. Jeder ab 60 sollte sich dagegen schützen. Den Impftermin dafür vereinbart man idealerweise für Oktober oder November – rechtzeitig vor der nächsten Grippewelle.

Und was gilt im Hinblick auf die Corona-Impfung?

Zu diesen sehr neuen Präparaten gibt es noch keine Langzeiterfahrungen. Deshalb sind die Impfexperten hier vorsichtiger. Es wird empfohlen, vor und nach jeder Covid-19-Impfstoffdosis einen Mindestabstand von zwei Wochen zu anderen Impfungen einzuhalten.

Allen, für die eine Erst-, Zweit- oder Auffrischimpfung gegen Corona ansteht, rate ich aus diesem Grund, gemeinsam mit dem Arzt oder der Ärztin eine sinnvolle Abfolge für alle anstehenden Impftermine festzulegen.