Logo der Apotheken Umschau

Frau Manzel, Ende Mai waren Sie zuletzt als Tatort-Kommissarin zu sehen. Warum drehen Sie nur einen Krimi im Jahr?

Mehr als zwei Filme, davon einen "Tatort", schaffe ich nicht. Ich bin viel im Musikbereich unterwegs, mache Hörbücher, Liederabende, Theaterstücke …

Was war Ihre erste Reaktion auf das Rollenangebot?

Als Kommissarin wurde ich schon öfter angefragt. Aber die Profile der Figuren reizten mich nicht. Ich möchte nicht immer mit der Knarre herumrennen. Jetzt ist das anders. Die Paula Ringelhahn habe ich mitentwickelt und mich in sie verliebt, weil sie so gar nicht spektakulär ist.

Zur Person:

  • Geboren am 1. September 1958 in Berlin
  • Schauspiel: Nach dem Abitur besuchte die Lehrertochter die Schauspielschule Ernst Busch. Erste Bühnenerfahrungen am Theater, wo sie bis heute oft zu sehen ist. Seit Mitte der 1980er spielt sie regelmäßig in großen Kino- und TV-Produktionen.   
  • Privat: In zweiter Ehe lebt Manzel mit dem Schauspieler, Maler und Lyriker Robert Gallinowski in Berlin. Ihre Tochter Klara ist 33, ihr Sohn Paul 20 Jahre alt.

Was zeichnet Ihre Kommissarin denn aus?

Man lernt sie erst über die Jahre kennen: was sie bewegt, was sie erregt, wo sie angreifbar ist. Wir erzählen nicht blutrünstig und mit viel Action. Im Mittelpunkt steht: Wie verhalten sich die Opfer? Wie die Täter? Wir nehmen uns Zeit, in die einzelnen Schicksale einzutauchen und sie zu begreifen. 

Wonach wählen Sie Ihre Rollen aus?

Sie müssen etwas mit mir machen, mich berühren. Sonst mache ich es nicht, auch nicht für viel Geld. Das ist verschwendete Lebenszeit. Da muss man lernen, auch Nein zu sagen.  

Sie haben ein enormes Arbeitspensum, was sich manchmal rächt: Vergangenen Sommer war plötzlich Ihre Stimme weg.

Ich mache schon wieder viel zu viel. Aber ich schaffe mir seitdem kleine Inseln. Wenn ich etwa meine Tochter und meine Enkelin besuche, bin ich nur für die Kleine da. Das entschleunigt. Ich weiß: Ich bin älter geworden, und wenn ich zu sehr übertreibe, merke ich das.  

Wie sind Sie zur Schauspielerei gekommen?

Ab dem achten Schuljahr ging unsere Klasse jeden Monat ins Konzert oder ins Theater. Dann sah ich Anton Tschechows "Drei Schwestern", und das war so ergreifend – ich wollte das unbedingt ausprobieren. Ich bewarb mich heimlich an der Schauspielschule, weil ich dachte, das geht sowieso schief. 

Hätte es für Sie eine Berufsalternative gegeben?

Als Kind bin oft extra von der U-Bahn in den Bus umgestiegen, obwohl ich hätte durchfahren können. Aber ich war so fasziniert von diesem großen Lenkrad, von der Verantwortung und den Entscheidungen, die mit dem Beruf der Busfahrerin verbunden waren ...

Ihre Schauspielkarriere wäre beinahe gescheitert, weil Sie so stark berlinerten …

Ich bin halt eine Berliner Pflanze. Meine Sprecherzieherin an der Schauspielschule war schon ziemlich verzweifelt: "Ich weiß nicht, ob ich dir das Hochdeutsche beibringen kann." Hat sie dann ja doch geschafft.

Warum sind Sie Berlin immer treu geblieben?

Ich liebe diese Stadt, bin hier ein Dutzend Mal umgezogen, ein Großteil meiner Familie lebt hier. Diese Stadt ist immer im Wandel, erfindet sich immer wieder neu, entwickelt neues Flair. Und ich mag es, dass hier so viele Nationen versammelt sind.

Was würden Sie gerne lernen?

Ich lerne gerade sehr intensiv Englisch, weil ich mit meinen Sprachkenntnissen nicht zufrieden bin. Viele Musicals sind in englischer Sprache geschrieben, die würde ich gerne im Original singen.

Bild

Sind Sie eher Optimistin oder eher Pessimistin?  

Ich freue mich über jeden Tag, an dem ich aufwache, meine Familie um mich habe, gesund bin, gut arbeiten und in Frieden leben kann. Ich freue mich darüber, dass ich mich verschenken kann und so viel zurückbekomme. Selbst wenn ich Einbrüche habe, Traurigkeiten oder Schmerzen, schaffe ich es, dass daraus etwas entsteht, etwas Künstlerisches oder eine Aktivität für andere oder mich selbst. So verfalle ich nicht in Selbstmitleid oder Lethargie. Kurz: Ja, ich bin ein sehr positiver Mensch.

Worüber können Sie sich ärgern?

Über Oberflächlichkeit und Mittelmaß. Leider ist es in unserem Metier weit verbreitet, dass Menschen schnell zu Stars hochgejubelt werden und sich das nur zu gerne gefallen lassen. Ein bisschen demütig und bescheiden zu sein geht manchem leider völlig ab.

Beschäftigt Sie das Thema Älterwerden?

Ich werde gerne älter, ich freue mich über jedes Jahr, das ich in Gesundheit leben darf. Meine Mutter ist mir da ein großes Vorbild. Sie ist jetzt 85 und fit wie ein Turnschuh, singt im Chor, wandert, liest anspruchsvolle Bücher und schaut nur gute Filme. Natürlich: Man bekommt seine Zipperlein. Aber ich finde, es ist super eingerichtet, dass man mehr Gelassenheit bekommt und ich mit meiner Enkeltochter Zeit genießen kann, ohne Verantwortung zu haben. 

Viele Ihrer Kolleginnen fühlen sich vom Jugendwahn unter Druck gesetzt …

Es ist doch schön, wenn man ein altes Gesicht hat. Das gefällt mir auch bei Schauspielerinnen. Ich habe aber auch das Glück, dass ich nicht auf Film und Fernsehen angewiesen bin. Wenn da kein anständiges Angebot kommt, mache ich eben mehr Musiktheater. Da ist ein Orchestergraben zwischen mir und dem Publikum – und ohne Nahaufnahmen ist es doch egal, wie ich aussehe (lacht herzhaft). So ist das Leben: Wenn das eine nicht mehr geht, dann musst du dir etwas anderes suchen.  

Verreisen Sie gerne?

Nein. Ich bin natürlich beruflich viel unterwegs und habe dabei viel mit neuen Leuten und neuen Situationen zu tun. Darum gehe ich es in meiner Freizeit lieber ganz ruhig an. Ich habe auch überhaupt nicht das Gefühl, dass ich noch viel sehen muss oder will. Am liebsten bin ich an Nord- oder Ostsee, wenn der Wind so laut ist, dass man nicht reden kann. Das finde ich wunderbar: einfach mal die Klappe halten.

Lesen Sie auch:

Gera  Actor Andreas Schmidt Schaller

"Wie alt soll ich sein? 70?"

Schauspieler Andreas Schmidt-Schaller spricht im Interview über Musik, Reisen, seine Gedanken zum 70. Geburtstag – und den besten Ratschlag seines Lebens zum Artikel

Charles Brauer und Manfred Krug

"Ich mache das freiwillig"

Als Schauspieler erreicht Charles Brauer ein Millionenpublikum – etwa jahrelang als Tatort-Kommissar an der Seite von Manfred Krug. Im Interview verrät er, warum er nicht ans Aufhören denkt zum Artikel