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Im TV-Film "Die letzte Reise" spielen Sie eine Rentnerin, die an Arthrose und einer Lungenkrankheit leidet und ihrem Leben durch Sterbehilfe ein Ende setzen möchte. Können Sie ihre Beweggründe nachvollziehen?

Nicht im Geringsten. Ich bin ein positiver Mensch und möchte Freude an meinem Leben haben. Außerdem bin ich religiös erzogen worden und weiß, dass das in der katholischen Kirche eine Todsünde ist. Ich würde da oben gern in einem weißen Kleid und mit einem guten Gewissen ankommen.

Dann muss es umso schwerer für Sie gewesen sein, sich in die Rolle hineinzuversetzen.

Ich bin Schauspielerin und hänge an einer guten Rolle. Und dies ist definitiv eine. Darum habe ich die Rolle der Katharina Krohn angenommen.

Katharina sagt: "Ich bin einfach müde. Ich hatte ein erfülltes Leben, das ist vorbei." Ist das schon Optimierungswahn? Wenn das Leben nicht 100 Prozent gibt, ist es nicht mehr lebenswert?

Das ist eine zentrale Frage des Films. Aber nicht zu vergessen: Katharina hat wahnsinnige Schmerzen. Mit Schmerzen oder mit Mitteln gegen Schmerzen zu leben, noch dazu allein, das sind schon Gründe, dass man sagt: Ich will nicht mehr. Das erklärt mir die Figur. 

Die Töchter sagen: Wir wollen, dass du lebst. Ist das egoistisch? 

Ja, das ist die Frage: Ist sie egoistisch oder die Töchter? Eigentlich die Töchter, aber sie auch in einer gewissen Weise. Doch in ihrem Alter hat sie auch das Recht, an sich zu denken.

Wie kommen Sie persönlich über dunkle Phasen hinweg? Allein mit positivem Denken?

Ein Freund meines Sohnes hat mal gesagt: "Kopf hoch und nach vorn schauen." Das klingt so leicht und ist so verdammt schwer. Aber es ist im Kern das Richtige. Man kann sich antrainieren, in den Erinnerungen hängenzubleiben, man kann sich aber auch das Nach-vorn-Schauen antrainieren und zuerst auf die positiven Dinge achten. Als der Vater meines Sohnes starb, kannte ich die Weisheiten, die ich jetzt von mir gebe, noch lange nicht. Das war einfach eine einzige Katastrophe und hat mein Leben total verändert. Mittlerweile lernt man, ein bisschen damit umzugehen – aber richtig verkraften kann man den Verlust eines Menschen wohl nie. Auch nach dem Tod meines Lebensgefährten im vergangenen Jahr bin ich weit davon entfernt. Man kann es nur versuchen und üben.

Ein Zitat von Ihnen: "Wenn man mir sagt, ich sei eine starke Persönlichkeit, dann sage ich: Ich bin deshalb stark, weil ich es überwunden habe, Angst zu haben."

Das stimmt. Ich habe keine Angst mehr. Ich hatte beispielsweise ein wahnsinniges Lampenfieber. Das ist etwas Wunderbares am Älterwerden: Es fällt so vieles von einem ab. Ich weiß, dass mein Sohn sich und seine Familie erhalten kann, und ich mache mir auch keine Sorgen mehr, dass ich eines Tages verhungern könnte, weil ich kein Engagement habe.

2018 haben Sie einen runden Geburtstag. Mit welchen Gefühlen sehen Sie dem entgegen?

Es ist etwas Einschneidendes. Manche würden an meiner Stelle wohl nach Australien abhauen. Aber ich werde, wenn es mir so gut geht wie jetzt, einen kleinen, exklusiven Freundeskreis zu mir einladen.

Wie halten Sie sich fit?

30 Kniebeugen am Morgen, jeden Tag auf die Waage. Dreimal am Tag gehe ich für eine halbe Stunde mit den Hunden spazieren. Und ab 16 Uhr esse ich nichts mehr – außer diesen wunderbaren kleinen Cherrytomaten. Eventuell mit einem Glas Wein.

Ihren Hunden – den Möpsen Vicco von Bülow und Loriot – haben Sie sogar ein Buch gewidmet. Was fasziniert Sie gerade an Möpsen?

Als ich noch in der Schweiz lebte, hatten wir lange Zeit einen Boxer. Diese flachen Hundeschnauzen gefallen mir so gut. Jetzt, wo ich in der Wiener Innenstadt wohne, wäre das für einen Boxer eine Katastrophe. Aber das kleine Mopsgesicht hat auch eine
flache Nase, und so bin ich auf die beiden Möpse gekommen.

Was war der beste Ratschlag, den Sie je bekommen haben?

"Nicht leichtsinnig werden!" Das war der Ratschlag meiner Mutter. Da steckt so vieles drin, sowohl privat als auch beruflich.

Ihre Mutter sagte sehr früh zu Ihnen: "Du bist nicht hübsch genug, deswegen wirst du doppelt so viel arbeiten müssen wie andere" – harter Tobak für ein junges Mädchen ...

Ja. Vielleicht hat sie mir damit ein bisschen Selbstbewusstsein in jungen Jahren genommen. Aber wenn man einen gewissen Trotz und Ehrgeiz hat und sagt: "Jetzt erst recht. Ich werde es euch allen beweisen!", kann man sich einen Platz schaffen. Heute bin ich dankbar dafür. Man muss einfach ein bisschen mehr bieten als andere. 

Ihre Eltern hatten eigentlich eine Konditorenlehre für Sie vorgesehen, die Schauspielerei mussten Sie sich selbst erkämpfen. Wann konnten Ihre Eltern Ihren Weg akzeptieren?

Als sie die Probeaufnahmen meines ersten Films sahen. Da war die Sache klar.

Welche Eigenschaft mögen Sie an sich?

Meine Impulsivität.

Und was nicht?

Dass ich dazu neige, sehr ungeduldig zu sein. Dann kann ich richtig eklig werden. Sind Sie jetzt durch mit Ihren Fragen?

Zwei letzte noch: Welche historische Figur bewundern Sie?

Maria Theresia. So viele Kinder und eine so kluge Herrscherin, eine fantastische Frau!

Hatten Sie als Teenager ein Idol?

Ja, Rita Hayworth und Lilli Palmer. Und verliebt war ich in Clark Gable.

Da waren Sie nicht die Einzige ...

Ich weiß es, ich weiß, dass ich nicht die Einzige war. Sie treffen mich ins Herz. (lacht)

Zur Person:

  • Christine Hörbiger wurde am 13. Oktober 1938 in Wien geboren
  • Schauspiel: Filmdebüt 1955 in "Der Major und die Stiere". Bis Mitte der 80er Jahre spielte sie auch Theater. Seit dem Erfolg des Films "Schtonk!" und der TV-Serie "Das Erbe der Guldenburgs" hat sie sich ganz auf Film und Fernsehen verlegt.
  • Privat: Aus der Ehe mit dem 1978 gestorbenen Journalisten Rolf Bigler hat sie den Sohn Sascha Bigler. Ihr Lebensgefährte, der Schauspieler Gerhard Tötschinger, starb 2016 drei Tage vor der geplanten Hochzeit. Christiane Hörbiger lebt in Wien.

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