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Herr Schmidtke, wer sollte eine private Auslandsreisekrankenversicherung abschließen?

Sie ist prinzipiell für jeden Urlauber sinnvoll, der ins Ausland verreist – außerhalb, aber auch innerhalb Europas. Die Police deckt die Kosten, wenn Sie sich zum Beispiel unterwegs oder dort wegen einer Bindehautentzündung, eines Bänderrisses oder einer Gehirnerschütterung in einer Arztpraxis oder Klinik behandeln lassen müssen. Wer aufgrund einer schweren Erkrankung, die vor Ort nicht adäquat behandelt werden kann, einen Krankenrücktransport nach Deutschland braucht, spart sich mit der Police im Ernstfall mehrere Tausend Euro. Prüfen Sie vor Neuabschluss aber, ob Sie nicht schon eine solche Police haben, etwa über den Kreditkartenvertrag. Manche haben die Versicherung bereits bei einer früheren Reise abgeschlossen. Wenn Sie privat krankenversichert sind, kann es sein, dass Sie schon hierüber einen ausreichenden Auslandsschutz haben.

Wie viel kostet eine private Auslandsreise-Krankenversicherung?

Prinzipiell gilt: Je älter der Versicherte beim Abschluss, desto teurer ist der Schutz. Für einen 50-jährigen gibt es gute Tarife bereits für circa 10 Euro Jahresbeitrag. Für Ältere werden die meisten Tarife teurer, es gibt aber auch hier gute Policen schon für 10 Euro. Ein Jahresvertrag ist fast immer sinnvoll. Damit sind alle Reisen eines Jahres abgesichert. Der Vertrag verlängert sich in der Regel automatisch, wenn Sie ihn nicht kündigen. Doch Vorsicht: Eine Reise darf bei den meisten Anbietern nicht länger als acht Wochen dauern. Für längere Aufenthalte gibt es spezielle Policen, die teurer sind.

Wie findet man einen guten Anbieter?

Wichtig ist das Kleingedruckte im Vertrag. Bezahlt man mir den Rücktransport nach Deutschland nur, wenn er medizinisch notwendig ist? Besser ist, wenn gezahlt wird, sobald der Transport sinnvoll ist. Etwa, wenn ein älterer Mensch schwer erkrankt, und ihm nicht zuzumuten ist, in einem fremden Land versorgt zu werden, dessen Sprache er nicht spricht. Zudem sollten Sie darauf achten, dass die Versicherung auch zahlt, wenn im Reiseland eine Reisewarnung wegen COVID-19 besteht oder Sie im Ausland an Corona erkranken.

Volker Schmidtke ist Experte für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Berlin.

Für Laien ist es aber ganz schön mühsam, mehrere Versicherer zu vergleichen. Ihr Tipp?

Die Stiftung Warentest nimmt regelmäßig die Anbieter solcher Policen unter die Lupe. Per Internet oder Heft können Sie sich die Testergebnisse nach Hause holen.

Ein Antibiotikum, ein verstauchter Knöchel. Müssen Betroffene vor Ort die Kosten vorstrecken?

Meist schon. Aber Versicherte bekommen sie zu Hause in voller Höhe erstattet. Nach der Heimreise müssen Sie dafür verschiedene Unterlagen beim Versicherer einreichen. Dazu gehören unter anderem Name und Anschrift des Arztes vor Ort und alle Rechnungen im Original mit Diagnose und Art der Behandlung.

Lebensmittelvergiftung in Ägypten, Krankenhaus. Das wird erst mal teuer, oder?

Die Anbieter haben einen Notrufservice für solche Fälle. Rufen Sie diese Nummer, wenn Sie ins Krankenhaus müssen, auf jeden Fall an. Oder lassen Sie Mitreisende anrufen. Der Versicherer kann mit dem Krankenhaus dann vorab die Kostenübernahme regeln. Diese Notrufnummer, die persönliche Versicherungsnummer sowie Merkblätter, die viele Anbieter mit dem Vertrag verschicken, sollten Sie auf Ihre Reisen also unbedingt mitnehmen.

Chronisch krank: Reisetauglichkeit bescheinigen lassen!

Ob Asthma oder Diabetes: Für chronisch kranke Menschen sollte zur Reiseplanung auch ein Arztbesuch dazu gehören. Denn es ist ratsam, sich eine Reise-Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen zu lassen, rät der Bund der Versicherten (BDV). Sonst kann es passieren, dass die Auslandsreisekrankenversicherung die Zahlung für eine mögliche Behandlung verweigert.

Wichtig bei so einer Reise-Unbedenklichkeitsbescheinigung: Der Arzt oder die Ärztin muss darin klar angeben, welche Vorerkrankung konkret vorliegt und dass während der Reise keine Behandlungen dieser Krankheit erwartet werden. Einige Versicherungsgesellschaften halten für so eine Bescheinigung ein Formblatt für Kundinnen und Kunden vor. Entsprechend sollte man sich vor der Reise bei dem Versicherer erkundigen.

In vielen Versicherungsverträgen gibt es nämlich kleine Tücken, beispielsweise greift die Versicherung oft nur, wenn es sich um eine „Verschlechterung einer bestehenden Erkrankung“ handelt, wie die BDV erläutert. Der Begriff „Verschlechterung“ werde aber häufig nicht näher erläutert. Chronisch Kranke könnten aus dieser Formulierung nicht klar herauslesen, dass die Versicherung nur leistet, wenn sie während ihrer Reise unter „akuten, unvorhersehbaren Krankheitsschüben“ leiden. Behandlungen dagegen, die vor der Abreise medizinisch vorhersehbar waren und während der Reise notwendig werden, und im Zusammenhang stehende eventuelle Rücktransporte seien dann nicht versichert.

Die Empfehlung lautet daher, vor der Reise den Versicherungsschutz genau zu prüfen. Außerdem gilt: Sollte der Arzt von einer Reise abraten, sollte man seine Pläne überdenken. Denn kommt es danach tatsächlich zu gesundheitlichen Problemen im Urlaub, die mit der chronischen Erkrankung im Zusammenhang stehen, bleibt man womöglich auf den Behandlungs- und Transportkosten sitzen. (dpa)

Was zahlt denn die eigene Krankenkasse?

Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen haben die Europäische Krankenversicherungskarte, kurz EHIC. Sie ist auf der Rückseite der normalen Gesundheitskarte aufgedruckt. Sie soll garantieren, dass Sie auf Reisen innerhalb der Europäischen Union eine notwendige medizinische Leistung erhalten und die Krankenkasse diese auch erstattet. So soll es genügen, wie zu Hause seine Karte beim Arzt oder im Krankenhaus vorzulegen.

Doch vielfach akzeptieren Mediziner oder Kliniken im Ausland die Karte nicht und stellen stattdessen private Rechnungen aus. Der Urlauber kann die Rechnungen zuhause bei der Kasse einreichen, bekommt sie aber in der Regel nur zum Teil erstattet. Wird die Karte akzeptiert, kann es dennoch passieren, dass Sie nach einem Krankenhausaufenthalt zu Hause eine hohe Rechnung bekommen. Der Grund: Die Krankenkassen zahlen nur den Beitrag, den die Krankenkasse des Urlaubslandes dortigen Versicherten zahlen würde.

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