Darmkrebs: Warum Vorsorge wichtig ist
Es gibt Vorsorgeuntersuchungen, die retten tausende Leben. Pro Jahr. Etwa 60.000 Menschen erhalten jährlich die Diagnose Darmkrebs. Er ist eine der häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. Immer noch sterben jährlich rund 25.000 Menschen an der Erkrankung. Das müsste jedoch nicht sein.
„Die allermeisten Darmkrebsfälle wären vermeidbar, wenn man den Großteil der Bevölkerung dazu bewegen könnte, die Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen“, sagt Professor Frank Kolligs, Chefarzt der Inneren Medizin und Gastroenterologe am Helios Klinikum Berlin-Buch. Laut Erhebungen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)[1] hat sich die Zahl der Krebs-Früherkennungsuntersuchungen seit einem Pandemie-bedingten Einbruch zwar wieder weitgehend normalisiert. Doch vor allem bei den Darmspiegelungen (Koloskopien) klafft weiterhin eine große Lücke: Nur etwa 45 Prozent der anspruchsberechtigten Menschen, die 2021 65 Jahre oder älter waren, haben in den vergangenen zehn Jahren eine Koloskopie zur Früherkennung oder Diagnostik durchführen lassen.
Regelmäßig zur Früherkennung ab 50
Um mehr Leute an die Untersuchung zu erinnern, werden seit Mitte 2019 Anspruchsberechtigte per Anschreiben von ihrer Krankenkasse zur Darmkrebsvorsorge eingeladen. Bislang haben Männer ab 50 und Frauen ab 55 Jahren Anspruch auf auf zwei Früherkennungskoloskopien im Mindestabstand von zehn Jahren. Wenn das Angebot erst ab einem Alter von 65 wahrgenommen wird, besteht Anspruch auf eine Früherkennungskoloskopie. Krebsvorstufen lassen sich durch Darmspiegelungen erkennen und können dann entfernt werden. Wird Darmkrebs früh erkannt, ist er in den allermeisten Fällen heilbar.
Allerdings gibt es laut einer neuen Studie eine besorgniserregende Tendenz: In einigen Ländern der Europäischen Union (EU) und in Großbritannien steigen die Sterberaten bei Darmkrebs bei den 25- bis 49-Jährigen. Laut diesen Berechnungen wird beispielsweise in 2024 bei 25- bis 49-jährigen Frauen in Deutschland ein Anstieg von 7,2 Prozent zu verzeichnen sein. Eine Ursache sei der höhere Anteil übergewichtiger junger Menschen, erläutert ein Forschungsteam um Carlo La Vecchia von der Universität Mailand im Fachjournal Annals of Oncology. Weitere Faktoren seien ein erhöhter Alkoholkonsum und verminderte körperliche Aktivität. Darmkrebs in jüngerem Alter ist in der Regel aggressiver, die Überlebenschancen sind geringer als bei älteren Menschen, wie die Forschenden erläutern. Es sei zu überlegen, die Darmkrebsvorsorge auf jüngere Menschen, beginnend mit 45 Jahren, auszuweiten.
In Deutschland gilt bisher zusätzlich zur Darmspiegelung: Beide Geschlechter können ab 50 alternativ auch einen immunologischen Stuhltest vornehmen lassen. Dieser weist äußerlich nicht sichtbares Blut im Stuhl nach – und kann damit einen indirekten Hinweis auf Darmkrebs und noch gutartige Vorstufen wie zum Beispiel Polypen liefern. Allerdings sondern Tumore und Polypen nicht zwangsläufig zu jeder Zeit Blut in den Darm ab, was die Aussagekraft des Tests einschränkt. „Ganz wichtig: Wenn man sich für den Stuhltest entscheidet, muss dieser regelmäßig durchgeführt werden“, betont der Experte. Das heißt: Im Alter von 50 bis 54 Jahren jährlich und ab 55 Jahren alle zwei Jahre. Fällt der Test positiv aus, sollte in jedem Fall eine Darmspiegelung gemacht werden.
Früher zur Vorsorge bei erblichem Risiko
Außerdem betont der Experte, dass familiär vorbelastete Menschen schon früher mit der Vorsorge beginnen sollten. „Etwa jeder Zehnte in Deutschland hat aufgrund einer erhöhten Krebsneigung in der Familie ein zwei- bis sechsfach erhöhtes Risiko für Darmkrebs“, sagt Kolligs. Erblich vorbelastete Menschen erkranken oft wesentlich früher. „Betroffene sollten sich daher etwa zehn Jahre vor dem Erkrankungsalter des erstgradig Verwandten vorsorglich untersuchen lassen“, rät Kolligs. Dann gibt man Darmkrebs wenig Chance.
Bei Symptomen nicht warten
„Wir haben während der Hochzeiten der Pandemie einige Patienten gesehen, die sich viele Wochen und Monate mit Symptomen herumgeschlagen haben, bevor sie einen Arzt aufgesucht haben“, sagt Kolligs. Er appelliert, bei Beschwerden wie Blut im Stuhl oder Veränderungen der Stuhlgewohnheiten wie länger anhaltender Durchfall oder Verstopfungen, unbedingt zeitnah einen Arzt aufzusuchen. (mit dpa)
Quellen:
- [1] Wissenschaftliches Institut der AOK: Früherkennungsmonitor 2023, Inanspruchnahme von Krebs-Früherkennungsleistungen der GKV. https://www.wido.de/... (Abgerufen am 05.01.2024)