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„Ich lege großen Wert darauf, den Menschen herzlich gegenüberzutreten“

Eckart Nalbach: Gut zuhören konnte ich schon immer. Zunächst war ich als Tonmeister tätig, später dann in der Abteilung für Kommunikation der Messe Düsseldorf. Auch in meinem jetzigen Beruf als Pflegefachmann ist es mir wichtig, ein offenes Ohr für meine Klienten zu haben.

Eckart Nalbach, 53, arbeitet seit September als Pflegefachmann in Vollzeit im ambulanten Dienst bei der Diakonie in Gunzenhausen.

Eckart Nalbach, 53, arbeitet seit September als Pflegefachmann in Vollzeit im ambulanten Dienst bei der Diakonie in Gunzenhausen.

Ich lege großen Wert darauf, den Menschen herzlich gegenüberzutreten. Denn oft bin ich der Einzige, mit dem sie im Laufe des Tages überhaupt Kontakt haben. Das ist eine große Verantwortung. Die Entscheidung, meinen alten Job zu kündigen und eine Ausbildung in der Pflege zu machen, fiel nach einem zweiwöchigen Praktikum im Krankenhaus, das ich während meines Urlaubs gemacht habe. Das gab mir das Gefühl, etwas wirklich Sinnvolles und Erfüllendes zu tun.

„Den Wechsel habe ich bislang nicht bereut“

Sabine Lermer: Nach mehr als 20 Jahren in meinem ersten Beruf als Kauffrau für Bürokommunikation habe ich einfach Abwechslung gebraucht. Ich wollte mehr Kontakt mit Menschen, weniger Büro und Papier, weniger Langeweile. Schon meine erste Bewerbung für einen Ausbildungsplatz als Pflegefachfrau war erfolgreich.

Sabine Lermer, 37, macht eine Ausbildung zur Pflegefachfrau bei den Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz (medbo) in Regensburg.

Sabine Lermer, 37, macht eine Ausbildung zur Pflegefachfrau bei den Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz (medbo) in Regensburg.

Den Wechsel habe ich bislang nicht bereut. Ich übernehme Verantwortung, bin immer in Bewegung, habe mit Menschen zu tun. Jeder Tag ist anders und überraschend. Mit zwei Kindern und den ganzen familiären Verpflichtungen ist die Ausbildung schon auch abenteuerlich. Ohne die Unterstützung meiner Eltern ginge es nicht. Und die Schichtarbeit habe ich deutlich unterschätzt. Sie ist sehr anstrengend.

„In der Pflege hat man sehr eng mit dem Menschen in allen seinen Aspekten zu tun, körperlich, psychisch und sozial – das fasziniert mich“

Anja Timmermann: 25 Jahre war ich mit großer Freude Journalistin. Dann hat meine Zeitung Insolvenz angemeldet, und es war klar, dass es für mich nicht weitergeht. Mit Mitte 40 suchte ich nach einem kompletten Neuanfang. Ich wollte etwas tun, wo ich gewollt und gebraucht werde – und das trifft auf die Pflege definitiv zu. In der Pflege hat man sehr eng mit dem Menschen in allen seinen Aspekten zu tun, körperlich, psychisch und sozial – das fasziniert mich.

Anja Timmermann, 53, arbeitet in der BG-Unfallklinik in Murnau. 2018 schloss sie ihre Ausbildung zur Gesundheits-und Krankenpflegerin ab.

Anja Timmermann, 53, arbeitet in der BG-Unfallklinik in Murnau. 2018 schloss sie ihre Ausbildung zur Gesundheits-und Krankenpflegerin ab.

Mir gefällt auch, dass man hier nicht so in einer sozialen Blase sitzt. Ob Bankdirektor oder Bäuerin, wenn jemand Patient wird, sieht man erst mal den Menschen. Ich verdiene jetzt weniger, finde auch, dass man als Pflegekraft gemessen an der irrwitzigen Veranwortung klar unterbezahlt ist. Aber der Beruf ist sinnstiftend und macht mir enorm viel Spaß. Das sehe ich auch als Vergütung an.

Nachgefragt bei Pflegeexpertin Christine Vogler

Frau Vogler, was macht die Pflege für Späteinsteiger attraktiv?

Der Beruf ist nachhaltig sozial, er bietet Erfüllung, er ist sicher. Ältere Auszubildende berichten häufig, sie seien endlich beruflich angekommen

Ist Lebenserfahrung ein Vorteil im Pflegeberuf?

Total! Wer 40 oder 50 ist, bringt meist schon eine gewisse Souveränität im Leben mit. Man weiß, was man will. Viele haben auch schon selbst Pflegebedürftigkeit in der Familie erlebt.

Wie ist es für die Älteren, mit jungen Leuten im Kurs zu sein?

Die Lernatmosphäre ist toll. Die Jungen tun sich oft mit dem Lernen leichter, weil sie direkt von der Schule kommen. Dafür haben die Älteren eine starke Motivation. Das ergänzt sich gut. Ich hatte schon mal Mutter und Sohn in einem Kurs.

Eine aktuelle Werbekampagne der Bundesregierung für die Pflege zeigt fast nur junge Gesichter …

Stimmt. Ich würde mir da schon auch mal ein älteres Gesicht wünschen.

Christine Vogler ist Pflegepädagogin und Präsidentin des Deutschen Pflegerats e. V.

Kommentar: Verhinderter Traumberuf

Pflege-Boni, Prämien für Rückkehrer in den Beruf: Mit solchen Vorschlägen zeigt die Politik, dass sie die Sorgen und Nöte der Pflegekräfte nicht verstanden hat. Ein Kommentar von Kai Klindt zum Artikel

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„Für manche sind wir der einzige Besuch am Tag“

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